Impro Lamento (Audiodeskription)

Das in kontrastreichem Schwarzweiß gedrehte Video von Alexander Schmidt zeigt einen hell ausgeleuchteten Raum. Im engen Bildausschnitt ist eine Frau im Dreiviertelprofil bis zur Brust zu sehen: dunkle Augen, leicht geschminkt, halblanges offenes, dunkles Haar, weiße runde Ohrstecker und ein dunkles, kurzärmeliges Oberteil. Die Aufnahme ist klar und detailreich, geprägt von markanten Hell-Dunkel-Kontrasten ohne Weichzeichnung.

Die Tanz-Performance des Videos Lamento verdichtet sich zu einer metaphorischen Klage über Gewalt an Frauen in politischer Haft und im Widerstand. In autokratischen Regimen sind sie besonders gefährdet, im Zuge von Folter zusätzlich sexualisierte Übergriffe zu erleiden – deutlich häufiger als männliche Gefangene. Pilar Murube überträgt dieses Thema in eine frei improvisierte, körperlich eindringliche Interpretation, die dem Unsagbaren eine sichtbare Form gibt.

Bereits zu Beginn ist der wiederholende Reverse-Effekt eingesetzt: Bewegungen laufen vorwärts und rückwärts in einer Art Loop. Die Zeit scheint hin- und herzuschwingen, als würde jemand den Film immer wieder ein kleines Stück vor- und zurückspulen. Jede Regung wirkt dadurch abrupt, unnatürlich und wie in einer Endlosschleife gefangen.

Murube richtet sich aus einer vornübergebeugten Position ruckartig auf, das Haar schleudert nach hinten, fällt wieder ins Gesicht. Sie taumelt, schüttelt sich, wirkt wie aus dem Gleichgewicht geraten, als habe sie jemand gepackt oder gewaltsam festgehalten. Schweiß glänzt auf ihrer Stirn, die Augen sind zusammengekniffen, der Mund weit geöffnet, die Nasenflügel beben – sie ringt nach Luft. Beide Hände greifen an Hals und Brust. Der Oberkörper bebt, dann verlangsamt sich ihre Atmung, doch die Bewegungen bleiben angespannt.

Die Handkamera schwenkt leicht und unruhig. Murube senkt den Kopf, fasst sich mit der rechten Hand an Kinn und Wange, als simuliere sie den Griff eines Folterers. Wirres Haar verdeckt Teile des Gesichts, die Augen bleiben geschlossen. Die linke Hand folgt der rechten, ihre Finger sind gespreizt, die Handteller drücken die Wangenhaut nach oben. Die Kamera umkreist sie, fängt das von den Händen verdeckte Gesicht ein, zieht sich zurück ins Dreiviertelprofil.

Die Hände gleiten abwärts. Mit der linken umschließt sie Kinn und Wangen, mit der rechten den Hals. Das Gesicht liegt im Schatten, die Hände scheinen zuzudrücken – Opfer und Täter in einer Gestalt. Beide Hände sinken auf die Brust, der Mund bleibt geöffnet, die Atmung schwer.

Der Loop setzt erneut ein: Bewegungen kehren sich um, springen zurück, als würde die Zeit abwechselnd vor- und zurückgespult. Der Oberkörper bäumt sich auf, der Kopf reißt nach hinten, zuckt, fällt unnatürlich vornüber, Haare wirbeln ins Gesicht. Sie richtet sich ruckartig auf, taumelt, fasst sich an die Brust, das Gesicht schmerzverzerrt.

Wieder sehen wir das Luftholen – beide Hände auf der oberen Brustregion, das Gesicht hinter offenen Haarsträhnen verborgen. Die linke Hand umfasst das Kinn, führt den Kopf in den Nacken. Die Hände bedecken die Wangen, drücken sie nach oben. Die Kamera zoomt auf Hände und Haar, zieht sich zurück ins Profil. Die Hände sinken, umklammern Kinn und Hals. Sie beugt sich vor, den Kopf gesenkt, Hände am Brustbein, keuchend.

Der Loop wiederholt sich: Haare schnellen nach vorn, der Oberkörper wird von unsichtbarer Kraft nach unten gedrückt. Bewegungen wirken ruckartig, bruchstückhaft, gefangen in der Wiederholung.

Das Bild blendet langsam in Schwarz aus.