Lilo, Mascha und die Anderen (Audiodeskription)
Das Video Lilo, Mascha und die Anderen ohne Tonspur beginnt in leichter Untersicht. Vor der Fassade des heutigen Oberlandesgerichts Stuttgart steht eine Frau, in den Armen trägt sie einen in ein helles Tuch gewickelten Säugling. In sanftem Wiegeschritt verlagert sie ihr Gewicht von einem Bein aufs andere. Hinter ihr ragt ein junger, kahler Baum empor. Rechts im Bild steht eine steinerne Säule, die „Verfassungssäule" aus den 1950er-Jahren, mit eingemeißelten Worten über Schutz, Förderung und Ausgleich der Rechte und Pflichten. Die Farben der Szene sind stark entsättigt, fast ausgewaschen, die Konturen weich, ein Überstrahlungseffekt, der der Szene eine entrückte Stimmung verleiht.
Die Frau ist die Choreografin Nina Kurzeja. In Kostüm und Maske verkörpert sie Liselotte „Lilo" Herrmann – geboren 1909, aufgewachsen in Stuttgart, politisch aktiv in sozialistischen und kommunistischen Organisationen. Im Juni 1938 wurde Herrmann vom nationalsozialistischen Volksgerichtshof zum Tode verurteilt – als erste Frau und Mutter eines vierjährigen Sohnes, im Widerstand gegen das Regime. Das ursprüngliche Justizgebäude, in dessen Lichthof die Verurteilung erfolgte, stand im heutigen Gerichtsviertel (Urbanstraße / Olgastraße / Ulrichstraße) und wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört.
Kurzejas Haar ist streng gescheitelt und am Hinterkopf hochgesteckt. Sie trägt eine dunkle Nickelbrille, eine helle Bluse, einen langen dunklen Plisseerock und helle Schnürschuhe. Kleidung und Maske sind bewusst im Stil der 1930er Jahre gewählt und erinnern an die zu Unrecht Verurteilte Liselotte Herrmann. Nach einigen Sekunden erscheinen Titel und Vorspann: „Lilo, Mascha & Die Anderen – Eine audio-visuelle Installation an der Mauer des Oberlandesgerichts Stuttgart". Es folgen Projektdaten und die Namen der beteiligten Künstler*innen.
Die Perspektive wechselt: Nun steht die Frau mit Kind links im Bild. Der helle Filter ist verschwunden, die Farben wirken natürlich. Sie wiegt ihr Baby, lächelt und spricht zu ihm. Aus einer näheren Untersicht ist zu sehen, wie sie sich im Gespräch an ein unsichtbares Gegenüber wendet und dem Kind sanft einen Kuss auf die Stirn gibt. Hinter ihr ist im Anschnitt das Hochrelief „Der Schwur" an der Gerichts-Fassade zu erkennen, es zeigt eine Mutter-Kind-Gruppe, Arbeiter, Richter und die Figur der Justitia unter einer stilisierten Sonne.
In den letzten Einstellungen schiebt sich von rechts eine zweite, halbtransparente Aufnahme ins Bild, ein Element aus einer anderen Sequenz der Installation: Eine Frau mit schwarzem, langem Haar dreht sich um die eigene Achse und bewegt sich dabei langsam über die gesamte Breite der Einstellung. Die Szene mit Mutter und Kind bleibt darunter deutlich sichtbar. Die Kamera zeigt immer wieder variierende Perspektiven von Kurzeja als lächelnde Lilo Herrmann mit ihrem Sohn Walter im Arm, vor dem Eingang des Gerichts stehend. Gegen Ende kehrt der helle Überstrahlungseffekt zurück. Der Abspann nennt die Förderer des Projekts, darunter das Kulturamt Stuttgart, Stiftungen und Aufführungsförderungen. Abschließend wird für die Unterstützung und Aufmerksamkeit gedankt.
