Die junge Stuttgarter Studentin war die erste Frau, die im Widerstand gegen die NS-Diktatur hingerichtet wurde. Das Urteil des 'Volksgerichtshofes', einem Terror-Instrument der Nationalsozialisten gegen angeblichen Hoch- und Landesverrat, wurde im Juni 1938 vollstreckt, als eines von etwa 5200 'Urteilen' des Sondergerichts.
Lilo Herrmann wurde 1909 in Berlin geboren und zog mit ihrer Familie innerhalb des Deutschen Reiches mehrfach um. Früh organisierte sie sich in sozialistischen und dann kommunistischen Jugendverbänden. Um 1930 tritt sie der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) bei. Lilo Herrmann wollte ursprünglich, wie ihr Vorbild Käthe Kollwitz, Malerin werden, studierte dann aber auf Rat ihres Vaters Chemie und Biologie in Stuttgart und Berlin. Wegen Protest- Aktionen gegen die frühe NS-Diktatur wurde sie vom Studium ausgeschlossen und versteckte als Kinderpflegerin verfolgte Kommunisten. Einer von ihnen wurde der Vater ihres Kindes.
1934 kehrte Lilo Herrmann nach Stuttgart zu ihren Eltern zurück, arbeitete im Büro ihres Vaters und heimlich für den kommunistischen Untergrund. Sie besorgte Informationen über geheime Rüstungsfabriken der Nationalsozialisten und verfasste Flugblätter für die illegale KPD. 1935/1936 flog ihre Tätigkeit durch Verrat auf. Im März 1936 wurde Lilo Herrmann von der Gestapo (Geheime Staatspolizei) verhaftet und verbrachte 19 Monate unter menschenverachtenden Bedingungen in Stuttgarter Gefängnissen, unter anderem im berüchtigten 'Hotel Silber' (heute eine Gedenkstätte).
Im Juni 1937 wurde Lilo Herrmann mit drei anderen Kommunisten vom 'Volksgerichtshof' wegen Hochverrats zum Tode verurteilt; das Urteil war exemplarisch zur Abschreckung gedacht. Das Terror-Urteil führte zu internationalen Protesten von linken, christlichen und Frauen-Organisationen, die die Aufhebung des Mord-Urteils gegen eine junge Mutter forderten. Ein Gnadengesuch von Lilo Herrmann selbst lehnte der NS-Diktator Adolf Hitler persönlich ab. Am 20. Juni 1938 wurde Lilo Herrmann in Berlin-Plötzensee hingerichtet.
In der DDR wurde Lilo Herrmann nach 1949 zu einem Symbol des Widerstandes gegen die NS-Diktatur: Gedichte des kommunistischen, ehemals in Stuttgart praktizierenden Arztes Friedrich Wolf (Vater von Markus Wolf, Leiter des Auslandsnachrichtendiensts im Ministerium für Staatssicherheit) verklärten sie zur Heldin; eine Hochschule erhielt ihren Namen. Mit dem Scheitern der DDR 1990 endete auch diese Art der sozialistischen 'Heldenverehrung'.
In der Bundesrepublik wurde das Schicksal Lilo Herrmanns lange Zeit totgeschwiegen - nur in der Industriestadt Schwenningen erinnerte früh ein Straßenname an die junge Widerstandskämpferin. Erst in den 1970er Jahren forderten Studenten ein Gedenken an Lilo Herrmann. Es dauerte bis zu ihrem 50.Todestag 1988, dass ein Gedenkstein an der Universität Stuttgart an Lilo Herrmann erinnert. Aktuell trägt eine kleine Straße ihren Namen, ein Stolperstein erinnert an ihre Wohnung im Stuttgarter Westen, und seit 2012 existiert in Stuttgart-Heslach ein Lilo-Herrmann-Zentrum. Bis heute aber führt das Gedenken an die Widerstandskämpferin in Stuttgart ein Schattendasein.