Seit dem 19. September 2022 demonstrieren Menschen im Iran, darunter sehr viele Frauen, landesweit, und immer wieder, gegen die Unterdrückungspolitik ihrer geistlichen Herrschaft. Auslöser war der Tod der 22-jährigen Jîna Mahsa Aminí. Die iranische Kurdin war von der Sittenpolizei wegen unvorschriftsmäßiger Kleidung verhaftet worden und starb unter ungeklärten Umständen.
Mit der kurdischen Parole 'Jîn, Jiyan, Azadí' / 'Frau, Leben, Freiheit' kam es zu den größten Massen-Demonstration seit der Gründung der Islamischen Republik 1979. Tausende gingen überall im Iran auf die Straße, Frauen legten den Hidschab ab, den vorgeschriebenen Schleier, trugen die Haare offen, oder schnitten sie sich ab. Und sie zeigten sich mit westlicher Kleidung in der Öffentlichkeit. Nach anfänglichem Zögern schlug das diktatorische Regime brutal zurück: Mehr als 3000 Schülerinnen wurden vergiftet, über Zehntausende Frauen sind inzwischen landesweit in Haft. Doch immer wieder flammt der Protest auf; viele bezeichnen ihn inzwischen als 'erste weibliche Revolution'.
Neu ist der Widerstand der Frauen im Iran nicht, aber noch nie war er so heftig, und noch nie fand er so viel Unterstützung aus allen Schichten der Bevölkerung. Selbst die Nichte des Obersten Revolutionsführers Khamenei, Farideh Moradkhani, erklärte sich solidarisch. Bereits zwei Monate nach der Gründung der Islamischen Republik, am Weltfrauentag 1979, demonstrierten Zehntausende von Frauen in Teheran drei Tage lang gegen die von der Regierung geplante Verschleierungspflicht. Kurzzeitig wurde sie dadurch verhindert.
Doch ab 1981 wurden Frauenrechte fortlaufend beschnitten. In lebenswichtigen Angelegenheiten wie in der Ehe und bei der Scheidung, bei Erbschaften und Reisen verschlechterte sich der Status der Frauen grundlegend. Dazu kam eine äußerst einschränkende Kleiderordnung: Frauen mussten in der Öffentlichkeit schwarze Ganzkörperschleier, den Tschador, tragen und ihre Haare bedecken. Ihre Kleidung durfte nur gedeckte Farben zeigen. Schuhe mit Absätzen und Röcke waren verboten, ebenso Nagellack und Make-up. Diese Kleiderordnung galt für Mädchen ab neun Jahren, in der Schule bereits ab der ersten Klasse. Dazu kam das Verbot von Tanz und Musik.
Diese strenge Kleiderordnung prägte in den 1980er Jahren das Bild der Frauen in der Öffentlichkeit und führte zu geheimen Parallelwelten im privaten Bereich. Erst ab den 1990er Jahren, unter den Präsidenten Rafsandschani und Chatami, lockerte sich die Repression allmählich: Die Frauen zeigten immer mehr Haare, sie trugen buntere Farben, die Mäntel wurden enger und kürzer. Ab 2014 protestierten einzelne Frauen und weibliche Gruppen verstärkt öffentlich gegen die islamische Kleiderordnung und ihr Protest verbreitete sich in den sozialen Medie
Bereits im Juli 2022 schlossen sich zahlreiche Frauen einer Online-Kampagne 'No2Hijab' an - als Antwort auf die Einführung eines Hidschab-Ehrentages von Seiten der Regierung, und auf die sich verschärfende willkürliche Kontrollsituation. Der Tod der jungen Studentin Jîna Mahsa Aminí im September 2022 brachte das Fass dann zum Überlaufen. Der Iran erlebte seine bislang massivste Protestwelle und weltweit solidarisierten sich Frauen und Männer, oft unter Absingen der Protest-Hymne 'Barayé'. Seither kommt der Iran nicht mehr zur Ruhe.