Luigi Nono war der Spross einer alteingesessenen und musisch interessierten Familie aus Venedig. Mit Beginn der 1950er Jahre, nach seinem Jurastudium, wandte er sich der musikalischen Avantgarde zu und wurde zu einem führenden Vertreter der 'Seriellen Musik'. Seine Stücke waren geprägt von musikalischer Verdichtung und hoher Lautstärke, die die Grenze des Gewohnten oft überschritt.
Mit seiner 'Neuen Musik' transportierte Nono, seit 1952 Kommunist, humane und politisch-klassenkämpferische Ideen. So vertonte er unter anderem Fluchterfahrungen, die Folgen eines Atomkrieges, den Holocaust und den spanischen Bürgerkrieg sowie die Studentenrevolten von 1968.
In diesem Zusammenhang entstand auch 1962 sein Stück für Sopran 'Djamila Boupacha' über die algerische Widerstandskämpferin. Es ist Teil einer Serie 'Canti di vita e d'amore', in der sich Luigi Nono mit dem Zeitgeschehen der 1960er Jahre auseinandersetzt. Das Stück fußt auf dem Djamila Boupacha gewidmeten Gedicht 'Esta noche' des spanischen Lyrikers Jesús Lopez Pacheco. Für Nono war Djamila „Symbol für uns alle, eines Lebens der Liebe, der Freiheit, gegen jegliche neue Form der Unterdrückung […]“. Der unbegleitete Gesang für Sopran ist geprägt durch den Wechsel zwischen Intervallen und Klängen, zwischen Tempo und menschlichem Ausdruck. Er vermittelt - wie fast alle Vokalwerke Nonos – zwischen politischem Engagement und avantgardistischer Musik.
Das musikalische Werk Luigi Nonos lässt sich grob in drei Phasen unterteilen: Die 1950er Jahre waren weitgehend geprägt durch serielle Kompositionen für Instrumental- und Vokalsolisten; dazu gehörte auch 'Djamila Boupacha'. Zwischen 1960 und 1975 verwandte Nono überwiegend Tonbänder und intensivierte Studien über den Raum-Klang.
In seiner letzten Schaffensperiode experimentierte der Komponist verstärkt mit Live-Elektronik und schuf Werke für kammermusikalische Besetzungen.